"Herrschaft des Verbrechens": Dr. MABUSE, DER SPIELER als Hörbuch erschienen

Die Geschichte des berühmt-berüchtigten Meisterverbrechers Dr. Mabuse ist als drittes Hörbuch in der Reihe Filme zum Hören im Verlag MEDIA Net-Edition, Kassel, erschienen.

Norbert Jacques erzählt, dass ihm eine Art menschlicher Blaupause für seine berühmteste Roman- bzw. Filmfigur begegnet sei: Auf einer Bodenseeüberfahrt will ihm, aufgrund der Erscheinung eines sich absondernden Passagiers, die Idee für den Dr. Mabuse gekommen sein.

In diesem Typus vereinigte er außergewöhnliche und extreme Wesenszüge: Mabuse ist ein größenwahnsinniger, gewalttätiger Despot, aber auch ein charismatischer Menschenführer und -verführer. Und diese Eigenschaften oszillieren unheilvoll mit dem psychischen Zustand der deutschen Gesellschaft im Schlagschatten der ersten Weltkriegskatastrophe und der in ihren Kinderschuhen taumelnden Weimarer Republik. Dr. Mabuse, der Spieler ist also ein Kriminal- und Zeitroman, der sozial- und gesellschaftskritische Züge trägt, die allerdings durch die reißerische Handlung oft deutlich unterlaufen werden.

Das große Spiel

Zentraler Begriff des Werks, der zur Diagnose einer ganzen Gesellschaft herangezogen wird, ist das Spiel: Dr. Mabuse radikalisiert das große ‚Gesellschaftsspiel’, in dem alle Kräfte entfesselt sind und die Spieler, rücksichtslos und animalisch, sich selbst setzen: Hier geht es also um alles, um den Einzelnen, um die Gesellschaft, um den Staat – und Mabuse spielt falsch und va banque zugleich und ist dabei psychisch immer am Anschlag. Zu Brechstangen seines Willens zur Macht werden Psychologie und Hypnose: Mabuse dringt ein in das Allerpersönlichste der Menschen, in ihren Geist und vergewaltigt den Willen. Und er ist, ganz auf der Höhe der Zeit bzw. ihr ein kleines Stück voraus, ein Meister
(massen-)psychologischer Suggestion.

Doch Rettung naht … Denn so wie Dr. Mabuse, dieser ‚ganz falsche Arzt’, eine kranke Gesellschaft systematisch noch kranker macht, so betreibt sein Gegenspieler, der Staatsanwalt von Wenk, das ‚Projekt einer geistigen Gesundung’ und Neuerziehung des deutschen Volkes, freilich unter konservativen Vorzeichen. Dieser Staatsanwalt von Wenk nun ist ein Mann der Tat: Er zeigt sich entschlossen, dem Meisterverbrecher den Garaus zu machen und übernimmt ganz persönlich die Ermittlungen. Dieses Duell, als Zweikampf zwischen Gut und Böse inszeniert, steigert sich noch durch den Kampf um eine Frau. Dabei ist die Gräfin Told zunächst durchaus hin- und hergerissen zwischen den beiden Männern, die einen Januskopf teilen: Mabuse und von Wenk sind beide Führernaturen, Willensmenschen, gewohnt zu befehlen, unbedingten Gehorsam erwartend. Mabuse freilich ist v.a. auch ein Gewaltmensch, der sich selbst nicht in der Gewalt hat, voller Hass und Rachsucht; er trägt schon die Fratze der nachziehenden Zeit. Der entscheidende Unterscheid aber zwischen den beiden Männern, die bemerkenswerterweise auch der Hang zur Maskerade verbindet, liegt darin, dass Mabuse nur sich selbst gelten lässt, von Wenk aber dem Gemeinwohl verpflichtet ist, wenn auch nicht der Demokratie.

Von Prof. Moriarty über Dr. Mabuse bis zu Goldfinger …

In ihrem titanenhaften Kampf sind der Meisterverbrecher und sein Widersacher dabei mit dem Neuesten ausgerüstet, was die Technik hergibt bzw. hergeben könnte: Dies ist ein Modell, das uns aus Spionagefilmen und -literatur vertraut ist. Diesen Genremustern entspricht auch das Finale, denn nur, weil Mabuse von Wenk nicht ‚einfach’ tötet, sondern seine Rachegelüste durch eine sadistische und langwierige Hinrichtungsorgie befriedigen will, erhält der Held nochmals die Chance zu obsiegen; hier ist es letztendlich übrigens die Frau, die Hand anlegt …

Alles in allem war dies Werk bestens geeignet, um den Weg in die Kinos zu nehmen: Aktualität, Sensation, Verbrechen, modernste Technik, Tempo, Luxus, Macht, Geld und schöne Frauen sind Zutaten, die sich für das Kino gestern so gut eigneten, wie sie sich auch heute noch eignen: Der Meisterverbrecher wurde also zum Filmstar.

Mit sicherem Gespür für das Potenzial der Story schufen Fritz Lang und Thea von Harbou 1922 den zweiteiligen Großfilm Dr. Mabuse, der Spieler (Teil 1: Der große Spieler. Ein Bild der Zeit und Teil 2: Inferno. Ein Spiel von Menschen unserer Zeit). Markantester inhaltlicher Unterscheidungspunkt zwischen Roman und filmischer Adaption ist das Finale: Während Mabuse bei Jacques aus dem Flugzeug in den (vermeintlichen) Tod stürzt, wird er bei Lang und Harbou wahnsinnig. Die Fortsetzung Das Testament des Dr. Mabuse (1933) war übrigens auch das letzte gemeinsame (Film-)Projekt der Arbeits- und Lebensgemeinschaft von Fritz Lang und Thea von Harbou. Die hier dargestellte Geschichte der psychopathologischen „Herrschaft des Verbrechens“ zensierten die Nazis.

Die Lesung des renommierten Schauspielers Volker Niederfahrenhorst folgt dem ungekürzten Text der 1921 im Ullstein-Verlag erschienenen Erstausgabe.

Dr. Mabuse, der Spieler
ISBN: 978-3-939988-05-2
7 AUDIO-CDs in CapBox mit achtseitigem Booklet
Gesamtspielzeit: 8 Stunden 31 Minuten

Preis: 32,90 EUR (D) (A)


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