Extremismusbekämpfung, aber richtig!

Das Vorhaben der neuen Familienministerin Kristina Köhler, die Programme gegen Rechtsextremismus auf einen Kampf gegen jeden Extremismus auszuweiten, stößt auf Widerstand. Dabei ist es natürlich richtig, „rechts“ und „links“ gleich zu behandeln. Was auch immer diese nun 220 Jahre alten Begriffe besagen mögen, die zur Vereinfachung, aber nicht zur Differenzierung taugen.

Aber Ministerin Köhler bleibt auf halbem Wege stehen. Das Grundgesetz kennt den Begriff „Extremismus“ nicht. Es spricht vom Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Das ist auch richtig so, denn der versuchte oder vollendete Bruch der Verfassung kann von „links“, von „rechts“, aus der „Mitte“, von unten oder von ganz oben aus unternommen werden. Weswegen Gerhart Hermann Mostar (1901–1973), ein Schriftsteller und politischer Autor, der in der Hitlerzeit aus Deutschland emigrieren musste, gar meinte: „Die Verfassung muss man schützen – gegen die, die oben sitzen!“

Es ist allzu durchsichtig, einzelne Personen als „Extremisten“ von der Wiege bis zur Bahre zu deklarieren. Auf die Taten kommt es an. Und da sind die Entscheidungssammlungen der Verfassungsgerichte voll von höchstrichterlich festgestellten Verfassungsbrüchen, die sonderbarerweise nicht in den Verfassungsschutzberichten deutscher Innenminister auftauchen.

Die Abschussermächtigung im Luftsicherheitsgesetz beispielsweise erklärte das Bundesverfassungsgericht 2006 für mit dem Grundgesetz unvereinbar. Sie verstoße gegen das Grundrecht auf Leben und die Garantie der Menschenwürde: „Unter der Geltung des Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes (Menschenwürdegarantie) ist es schlechterdings unvorstellbar, auf der Grundlage einer gesetzlichen Ermächtigung unschuldige Menschen, die sich in einer derart hilflosen Lage befinden, vorsätzlich zu töten.“ Extremer wird ein Angriff auf die Verfassung selten ausfallen.

Das Wort „Extremismus“ eignet sich gut dazu, Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung schon sprachlich anderen zuzuordnen. In diesem Sinne dient es in erster Linie als Kampfbegriff und als Instrument zur Diskussionsverweigerung.

Was mit dem Grundgesetz konform geht, lässt sich nur anhand der jeweiligen Sachfrage beurteilen. Und da kann es sein, dass ein in der „Mitte“ verorteter Minister sich weit außerhalb der Maßstäbe der Verfassung befindet und ein vermeintlicher „Extremist“ deren Prinzipien hochhält.

Gerhard Frey jr.


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