Stasi-Schmutz hinter der High-Society-Fassade

„Klinsis Schlossherrin“ gingen viele auf den Leim.

Vor allem als Chefin des luxuriösen Schlosshotels im Berliner Grunewald war sie umworben und wurde in Kreisen der „High Society“ gefeiert. „Blond, sportlich, jungmädchenhaft, mit hellbrauner Lederjacke und weißem Seidenschal flattert sie in die noble Bar des Schlosshotels“, schilderte ein tonangebendes Blatt in der deutschen Hauptstadt voller Bewunderung die Frau, „die Berühmtheiten aus aller Welt kennt, die schon Woody Allen und Roman Polanski, Henry Kissinger und Jean-Claude Juncker, Vitali Klitschko und Uwe Seeler als Gäste begrüßt hat“.

Uta Felgner steigerte ihren Bekanntheitsgrad erheblich und stand im Rampenlicht der Medien, als in ihrem Gästehaus in Berlins feinster Gegend zum Finale der Fußballweltmeisterschaft 2006 die deutsche Nationalelf abstieg. Erwartungsvoll wurde im Jahr zuvor mitgeteilt, bei der „studierten Betriebswirtin“ und „leidenschaftlichen Köchin“ würden sich die Klinsmann-Jungs niederlassen, „bei ihr ihre Kräfte tanken und die müden Fußballerbeine lagern“.

„Prominenteste Herbergsmutter der Republik“, formulierten Reporter. Umgeben von Fans und Journalisten gibt Frau Direktorin als „Klinsis Schlossherrin“ ein Interview nach dem anderen. „Für die gelernte Krankenschwester aus der DDR erfüllte sich ein Lebenstraum. Sie hatte den Weg in die feine westliche Gesellschaft gefunden. Eine neue Ost- West-Geschichte war geschrieben“, heißt es einige Monate nach der WM in einem Zeitungsbeitrag, in dem die Bewunderte ihre „Glücksgefühle“ zum Ausdruck bringt: „Dieser Sommer ist mit nichts vergleichbar.“ Die Fußballspieler seien ihr ans Herz gewachsen und jeden Abend habe sie ihnen einen Brief aufs Bett gelegt „und eine kleine Überraschung“.

LIEBLING DER GESELLSCHAFT

Prominente suchen die „Ausstrahlung“, den „Glanz“ der Gefeierten, der man ihre 54 Jahre nicht ansieht. Dass von einer Frau, die bescheidenen Verhältnissen entstamme und der das Hotelfach eigentlich fremd sei, die Nobel-Herberge im Grunewald übernommen wurde, habe die Branche in Erstaunen versetzt, heißt es. „Aber schwierige Aufgaben haben die Tochter einer dem Holocaust entkommenen Mutter und eines kinderreichen Vaters schon immer gereizt.“

Gereizt hat Uta Felgner in der so genannten Vor-Wendezeit vor allem, was jetzt infolge von Nachforschungen in Unterlagen der Birthler-Behörde ans Tageslicht gekommen ist, nämlich ein Leben als Top-Agentin des „Ministeriums für Staatssicherheit“ (MfS) des Erich Mielke. Und zur „Überraschung“ ihrer Bewunderer wurde jetzt auch bekannt, dass sich die Dame nach 1990 eine akademische Karriere zurechtgelegt hat, die schlicht und ergreifend erstunken und erlogen ist. Weder Abitur noch Hochschulabschluss! Und bei der FU Berlin sucht man vergeblich nach einem Hinweis auf ein Diplom der angeblich Studierten.

Ihr Wirkungsfeld lag über viele Jahre auf anderen Ebenen. Unter dem Decknamen IM Schmidt machte sie als skrupellose Stasi-Agentin Karriere. Laut Geheimdienst-Akte lag der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit zwischen 1980 und 1986 in der DDR im Umgarnen einflussreicher Personen aus der BRD, um diesen bei Besuchen etwa zur Zeit der Leipziger Messe bedeutende Informationen zu entlocken – mit „frauenspezifischen Methoden“ und „mit dem Ziel der Erlangung materieller Vorteile“, wie aus Papieren der Birthler-Behörde hervorgeht. Geld und Luxus hatten schon damals einen besonders hohen Stellenwert für Felgner (10.000 Mark vom MfS zum Kauf eines Autos waren fast selbstverständlich), die sich nach der Wende zum Opfer des SED-Regimes stilisierte und mit Tränen in den Augen und mit stockender Stimme von ihrer Haft in Berlin-Hohenschönhausen erzählte.

EINE SCHÜTZENDE HAND

Der Hintergrund: Uta wollte unbedingt in den „goldenen Westen“. Ihrem Führungsoffizier machte sie ausweislich der Stasi-Dokumente den Vorschlag, in der Bundesrepublik, im „Operationsgebiet“, als Doppelagentin tätig zu werden. Das Mielke-Ministerium fühlte sich nun von IM „Schmidt“ getäuscht. Ihr Plan, heimlich die DDR zu verlassen, flog auf und hatte drei Jahre und sechs Monate Freiheitsstrafe zur Folge, von denen sie aber nur 15 Monate verbüßen musste. Insider vermuten, dass jemand seine schützende Hand über Felgner gehalten hat. Die Rede ist sogar von Hilde Benjamin, langjährige Justizministerin des SED-Regimes. Die berühmt- berüchtigte Genossin hatte zahlreiche politische Schauprozesse durchgezogen und wurde im Volksmund „rote Guillotine“ und „blutige Hilde“ genannt. Sie soll mit Uta Felgner verwandt gewesen sein.

Kurz vor ihrer Freilassung aus dem DDR-Knast gab die Stasi-Agentin eine schriftliche Erklärung ab und versicherte, „dass ich über meine Zusammenarbeit mit dem MfS auch nach meiner Entlassung aus der Haftanstalt strengstes Stillschweigen bewahren werde“. In diesem Zusammenhang wird berichtet, IM-Kartei-Eintragungen deuteten darauf hin, dass es ab Mai 1988 zu einem „Aufleben der aktiven Zusammenarbeit“ der Uta Felgner mit der Stasi kam.

Als Top-Agentin der DDR hatte die spätere Hotelchefin die Kunst der Verstellung bzw. Lüge und Täuschung perfektioniert. „An der Camouflage hielt sie fest, als die DDR längst untergegangen war“, so ein Kommentar. Es sei „wie ein Dolchstoß“, soll etwa Ex-Dorint-Vorstand Michael Theim nach den Enthüllungen geklagt haben. Unter seiner Ägide stieg Felgner zur „Schlossherrin“ auf. Geblendet sieht sich auch Unternehmer Eugen Block, der die Vorzeige-Karrierefrau, die heute mit einem Geschäftsmann in Zürich lebt, 2007 als Generalmanagerin seines Hamburger Luxushotels Grand Elysée einstellte. In der Hansestadt beeindruckte sie zudem den NDR mit ihrem Engagement gegen „Rechtsextremismus“. Und weil sie auch in dieser Hinsicht „gute Figur“ machte, wurde ihr die Hauptrolle in der dreiteiligen TV-Reihe „Retten Sie unser Hotel! – Ein Fall für Hotel-Expertin Uta Felgner“ zugedacht. Als die DVU beabsichtigte, am 17. Februar 2008 eine Veranstaltung zur Bürgerschaftswahl im von ihr gemieteten Spiegelsaal des Grand Elysée Hamburg durchzuführen, erhielt die Rechtspartei ein Schreiben von Uta Felgner, damals Generalmanagerin des Hotels, in dem es heißt:

„Sollte unser Haus dazu verpflichtet werden, die Veranstaltung in unserem Haus für Sie durchführen zu müssen, weisen wir bereits jetzt darauf hin, dass wir sämtliche Einnahmen aus einer solchen von uns abgelehnten Veranstaltung weiterleiten und spenden werden an die Stiftung Jüdisches Leben in Hamburg, um sodann wenigstens auf diesem Wege unserer politischen Überzeugung der Ablehnung jeglicher rechtsextremen Gesinnung sowie moralischer Verpflichtung gegenüber unseren jüdischen Mitbürgern gerecht werden zu können.“

Wie viele Uta Felgners gibt es, die alles erzählen, nur nicht, dass sie mit Mördern und Verbrechern kollaborierten?

Hans Weidenbach

08.12.2009: | | | | | |

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