Gegen Glorifizierung der Wehrmachtdeserteure

FPÖ-Chef Strache spricht Klartext.

Im Gegensatz zu Kardinal Schönborn, der den Ehrenschutz für eine Ausstellung über Wehrmachtdeserteure in Wien übernommen hat, sieht FPÖ-Vorsitzender Heinz Christian Strache keinen Grund für eine pauschale Rehabilitierung von Fahnenflüchtigen. „Man sollte nicht im Nachhinein den Fehler begehen, diese Menschen zu glorifizieren. Es sind oftmals auch Mörder gewesen“, so Strache in einem Interview. Der freiheitliche Parteichef stellte im Rahmen der Debatte um ein Gesetz zur generellen Rehabilitierung von Wehrmachtdeserteuren fest: „Deserteure waren Menschen, die eigene Kameraden und Soldaten vielleicht teilweise auch erschossen und umgebracht haben und deshalb ist das eine sehr negativ und kritisch zu bewertende Situation.“

DELIKT IN ALLEN ARMEEN

Wenngleich Fahnenflucht in allen Armeen zu allen Zeiten als strafbares Delikt geahndet wurde und immer noch wird, ließ die Reaktion von Betroffenen und sich mit diesen solidarisierenden Gegnern Straches nicht lange auf sich warten. Empört reagierte beispielsweise der Wehrmachtdeserteur und Sprecher des Komitees „Gerechtigkeit für die Opfer der NS-Militärjustiz“, Richard Wadani. „Die Diffamierungsversuche von FPÖ-Parteichef Strache, Deserteure zu Mördern und Kameradenschweinen zu machen, sind eine Frechheit und eine unerhörte Anmaßung jenen Menschen gegenüber, die ihre Entscheidung, in Hitlers Vernichtungsfeldzug nicht mehr mitzumarschieren, mit dem Leben bezahlt haben“, so der Fahnenflüchtige, der eigenen Angaben zufolge, wie der Vater des Wiener Erzbischofs Schönborn, nach seiner Desertion zur britischen Armee überlief, um „für die Befreiung Österreichs“ zu kämpfen.

Die Israelitische Kultusgemeinde Wien verbreitete ihre Ansicht über eine Presseaussendung. „Nicht die Soldaten, sondern die Deserteure haben mit ihrer Weigerung, für ein verbrecherisches Regime in den Krieg zu ziehen, eine humanistische Pflicht erfüllt. Ihnen gebührt Hochachtung in jeder Beziehung“, so hieß es da. Grünen-Justizsprecher Albert Steinhauser legte nach und verstieg sich zu der Aussage, FPÖ-Chef Strache stelle sich mit seiner Argumentation „in die Tradition von Altnazis“. Seiner Ansicht nach habe es so gut wie keine Fälle von Gewaltanwendung durch Deserteure gegeben – was erstens eine glatte Falschbehauptung ist und zweitens nichts an dem Sachverhalt ändert, dass Fahnenflucht ein schweres soldatisches Vergehen war und immer noch ist. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer von der SPÖ, die zuvor die Debatte über Fahnenflucht angestoßen hatte, freute sich über die „breite Allianz der Einsicht“ in dieser Frage und kanzelte Strache ebenfalls ab. Sie wolle nun mit allen anderen Parteien außer der FPÖ Gespräche über weitere Rehabilitierungsmaßnahmen für ehemalige Wehrmachtdeserteure sprechen.

SYMBOL DES „NICHT-GEDENKENS“

Solche Schritte lehnt allerdings auch das BZÖ, die zweite im österreichischen Nationalrat vertretene Partei rechts der Mitte, ab. Ewald Stadler, Justizsprecher der „Orangen“, sieht keinen weiteren Handlungsbedarf in dieser Sache. Ähnlich sieht das sein Kollege Herbert Scheibner. Die derzeit gültige Regelung, die Fahnenflucht von früheren Wehrmachtangehörigen nicht generell, sondern nur in Einzelfällen als legitim betrachtet, sei „im Sinne der wirklichen Widerstandskämpfer“, denn „die wollen nicht mit anderen in einen Topf geworfen werden“.

Derweil enthüllten so genannte engagierte Bürger mit Unterstützung des Wiener Gemeinderates David Ellensohn (Grüne) am Heldenplatz vor der Reiterstatue Erzherzog Karls ein „Deserteursdenkmal“, genauer gesagt zwei rote, eckige Klammern. Diese sollten, so die Tageszeitung „Der Standard“, „den Gedenkprozess an sich, der in Österreich in Form der Kriegs- Heldendenkmäler in jedem noch so kleinen Dorf ritualisiert ist“, darstellen. Die Leerstelle zwischen den Klammern symbolisiere hingegen „das Nicht-Gedenken jener, die sich dem Wehrdienst entzogen oder andere dabei unterstützten”. Sehr lange konnte das Mahnmal allerdings nicht bewundert werden. Schon nach einer Stunde wurde die Installation von städtischen Bediensteten im Zuge von Aufbauarbeiten für ein Erntedankfest wieder entfernt.

Thorsten Thomsen

28.09.2009: |

Über DSZ-Verlag

Benutzerbild von DSZ-Verlag

Nachname
DSZ-Verlag

Adresse

www.national-zeitung.de

Postfach 60 04 64
81204 München

Telefon +49 89 89 60 850
Telefax +49 89 83 41 534
E-Mail info@dsz-verlag.de

Homepage
http://www.national-zeitung.de

Branche
Zeitung