Ein kleiner Reisebericht in Deutschland.

Ein kleiner Reisebericht in Deutschland.
Oeversee/Weimar den. 24.08.2009

Lieber OBM von Weimar Herr Wolf,

ich habe es geschafft, einmal an die mich mein Leben lange bewegende, historische Stätte Weimar zu begeben und zwei Nächte dort zu verbleiben um einen Tag die Stadt auf mich wirken zu lassen.Nun erlaube ich mir, einen kleinen Reisebericht meiner Eindrücke zu veröffentlichen. Deshalb wage ich, Ihnen in Kurzform meine Eindrücke mitzuteilen und Sie zu fragen, ob wohl diese Eindrücke Ihre Zustimmung finden können und wie Sie als Vertreter dieser bedeutsamen Stadt wohl dazu stehen.

Weimer hat nun 20 Jahre nach dem geförderten Kultur- und Architekturverfall seitens der SBZ/DDR viele seiner historischen Brennpunkte, restaurieren können. Die Gaststättenkultur mit Ihren Außenabteilungen, ihrer Begrünung wie des südlichen Flairs, was schon etwas an Süddeutschland und Italien erinnert tut ihr Übriges, einen ansprechenden und willkommenen Eindruck, zu hinterlassen.

Dennoch ist mir ein Punkt aufgefallen, der mich doch sehr negativ berührt hat. 20 Jahre nach dem "Aufbau Ost", für den sich die Deutschen bis ins "siebente Glied" wieder einmal verschuldet haben, fehlt etwas Wesenliches, von dem ich hier berichten möchte.

Das ist aus meinem Erleben geradezu ein Schandfleck. Gemeint ist der Friedhofspark, in dem zwar ein Grab des Herrn Goethe gepflegt wird, eine Grabeskapelle mit anschließendem russischen Architekturteil, der etwas an Disney-Land erinnert, die "von Steins" sind etwas zu entdecken und viele andere berühmte Namen kann man erahnen und auch finden. Von Listz und Geothe etc. einmal abzusehen, die Ihre Merkmale in der Stadt hinterlassen haben bis zu vielen Köpfen, die die deutsche Aufklärung und Geschichte, geistig wesentlich mitgestalteten. Ohne diese Köpfe wäre die Vereinigung Deutschlands im deutschen Reich und eine einsetzende bürgerliche Bewegung, wenn auch in Teilen romantisch verklärt bis hin zu den Farben schwarz, rot, gelb, kaum denkbar.

D.h., Weimar und Potsdamm auf der einen Seite, wie München und Baden-Baden, in Teilen auch Köln und Aachen, haben die deutsche Geschichte geprägt.

Und Ihrer Stadt kommt eine besondere Bedeutung zu, da eben Weimar die Schmelztigel der geistigen Klammer einer deutschen Entwicklung war, die große Namen und Traditionen hervorgebracht hat, ohne die die deutsche bessere Geschichte, kaum denkbar gewesen wäre.

Umso erschütterter bin ich, als ich diesen kulturhistorischen und bedeutsamen Ort deutscher Geschichte in einem Lotterzustand vorfand, der nur beschämend ist und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erkennen läßt, die die "Aufbau-Ost-Mittel" irgendwie in falsche Kanäle geflossen sind.

Die Grünfläche des historischen Friedhofsparkes ist eine einzige Wildnis, Gräber sind verrottet und nicht aufgearbeitet. Historische Brennpunkte dieser Gräber sind nicht gereinigt, ungepflegt, in Verwitterung befindlich und nicht betitelt. Also nicht mit ihrer ihnen zukommenden Bedeutung beschrieben. Die Grabesmauern, die den Parkfriedhof in zwei Teile gliedert, befindet sich in einem noch schlimmeren Zustand und ist dem Zahn der Zeit schutzlos ausgeliefert.

Und was bitte schön, haben Neuverstorbene in einer so historischen Stätte, die so große Bedeutung für Deutschland hat und ein Wallfahrtsort für die nachwachsende wie traditionsbewußte Bevölkerung haben kann und sollte, dort zu suchen.

Dieser Park ist ein historischer Brennpunkt ohne Gleichen in Deutschland, wo die Wurzeln ideologiefrei gepflegt und bewahrt werden können und sollten, daß ich mich doch sehr wundern muß, wie hier mit der deutschen Geschichte verfahren wird. Völlig unabhängig einer Besitzstandsfrage. Ich denke, hier ist ein Paradigmenwechsel in der Betrachtung und Pflege der deutschen Geschichte dringend geboten, da eben auch Weimar speziell, die schlimmen Tage des "Tausendjährigen Reiches" überwinden helfen kann. Denn Deutschland kann man nicht auf diese 12 Jahre der "braunen Pest" reduzieren.

Die deutsche Geschichte hat mehr zu bieten. Und Weimar ist da ein zentraler Punkt, der in einer Weise vernachlässigt wird, die erschreckend erscheint.

Wo ist der Ort z.B. der Ausrufung der "Weimarer Republik", wo das Dokument dazu und wo ist die darauf bezogene Verfassung in Weimar ausgestellt. Nicht als politische Aussage oder Pamphlet dazu, sondern als historische Einbettung zur deutschen Geschichte ohne ideologische Bewertung, sondern als historisch bedingte Entwicklung, die eben in Weimar Ihre deutlichste Aussage fand. Egal ob diese Verfassung nun Rechtskraft erlang hat oder nicht. So ist sie dennoch ein prägendes Moment und Dokument der deutschen Geschichte, die Ihre Wirkung bis heute hat. Und jeder Schulausflug sollte eben zu dieser Stätte führen, da Sie mehr dem Betrachter und der nachwachsenden Generation als Bezugspunkt vermitteln kann, als ein Schloß, sein Park oder ein gepflegter russischer Heldenfriedhof oberhalb der Grotten. Was keine Aussage gegen diesen Friedhof darstellen soll, da es eben auch ein Moment der deutschen Geschichte dokumentiert, jedoch die punktuelle Bedeutung erscheint hier doch etwas verschoben.

Und diese geschichtliche Aufarbeitung und Bewertung ist so wertvoll für die Selbstfindung, ohne die eine geregelte und sichere Zukunft in und für Europa, nicht denkbar erscheint. Denn es die Eigenheit der Menschen, irgendwann nach Ihren Wurzeln zu suchen. Und wehe, sie wird Ihnen verheimlicht und/oder verwährt. Das öffnet Tor und Tür für "Dummschwätzer" und "Geistverführer" Das muß Ihnen klar sein und auch klar werden, in welcher Verantwortung Sie Deutschland gegenüber stehen.

Ich würde mich freuen, würde sich Weimar eben dieser Verantwortung für die Stadt wie für Deutschland endich stellen, sich bekennen und auch bewußt werden, denn die Bedeutung von Weimer geht weit über Herrn Goehte und Herrn Schiller hinaus. Und bedeutsame Tradition ist eben nicht nur aus dem Blickwinkel von Kosten-Nutzen-Stellen kurzfristiger Einnahmemöglichkeiten mit zwei bedeutsamen Geistesköpfen, zu lösen. Siehe Beispiel als Kulturbeitrag pro Übernachtung und Person in Höhe von 1 Euro, vergleichbar der Kurtaxe in Travemünde. Wobei die Frage, ob nicht die hier angemahnte Bedeutung letztendlich den Säckel der Stadtkasse wesenltich mehr zum klingeln bringen kann, als nur die Fokusierung auf zwei oder drei Herren.

Und Weimar kann nicht nur auf den Satz eines Pardoxum reduziert werden nach dem Motto: "wo ein Goethedenkmal durch die Bäume schillert"

herzlich
Rainer Karow
Redaktion "internet-magazin-les-art.eu"


Über Rainer Kaltenböck-Karow