Alfred Mechtersheimer zieht Bilanz

„AUF DIE DEUTSCHE FRIEDENSIDENTITÄT KÖNNEN WIR ALLE STOLZ SEIN”

Dr. Alfred Mechtersheimer, Politikwissenschaftler und Friedensforscher, wird 70. Gerhard Frey jr. hat ihn befragt.

Herzlichen Glückwunsch, Herr Doktor Mechtersheimer! Wie verbringen Sie Ihren Geburtstag?

Mechtersheimer: Nachdem ich den 60. Geburtstag mit meiner Frau auf der Insel Rügen verbrachte, bleibe ich diesmal mit der Familie am Starnberger See, zumal drei liebe Enkelkinder dazugekommen sind. Es ist auch ein Dank für meine weitgehende Genesung. Aber eigentlich ist der Geburtstag ja ein Muttertag.

Sie waren bis 1981 Mitglied der CSU. Verbindet Sie noch etwas mit dieser Partei?

Mechtersheimer: Die Partei hat mit dem Hinauswurf die Verbindung gekappt. Die CSU als Ganzes ist ohnehin Geschichte. Vor allem ist sie heute keine patriotische Partei mehr. Sie ist besonders in der Spitze vom linken Zeitgeist infiziert. Manche Mitglieder stehen zwar weit rechts, aber sie werden nicht verfolgt, solange sie der Partei die Treue halten. Es geht eben nicht um politische Inhalte, sondern um das Machtinteresse der Partei.

Und verbindet Sie noch etwas mit den Grünen, auf deren Liste Sie 1987 in den Bundestag gewählt wurden?

Nur die Erinnerung an die patriotischen Ökologen der Gründerzeit wie Baldur Springmann oder August Haußleiter. Mitglied der Partei bin ich ja nie gewesen. Der Arbeit im Bundestag lag ein friedenspolitisches Zweckbündnis auf Zeit zugrunde. Dass die Grünen heute für grenzenlose Zuwanderung und undemokratisch gegen Rechts agieren, hätten sich die Wertkonservativen der ersten Generation nicht träumen lassen.

„WER WEIß SCHON, DASS APOLLINARIS HEUTE EINE MARKE VON COCA-COLA IST?“

Sie durchleuchten mit Ihrem „Handbuch Deutsche Wirtschaft“ das Dickicht der Marken und der dahinterstehenden Konzerne. Welche Möglichkeiten sehen Sie, die Verbrauchermacht besser zu bündeln?

Mechtersheimer: Die Fremdbestimmung der deutschen Wirtschaft durch ausländisches Kapital lässt sich nur durch Aufklärung des Verbrauchers eindämmen. Wer weiß schon, dass das bekannte Mineralwasser Apollinaris mittlerweile eine Marke von Coca-Cola ist? Aber ohne ein stärkeres Nationalbewusstsein wird sich an dem Ausverkauf wenig ändern. Umgekehrt ist die Aufklärung darüber, wer hinter vermeintlich deutschen Produkten steckt, ein Impuls für die politisch notwendige Unterscheidung zwischen dem Eigenen und dem Fremden und damit ein Mittel gegen die ruinöse Globalisierung.

Was hat Sie zu dem neuen Dossier mit dem Titel „Marcel Reich-Ranicki – eine Biographie mit schwarzen Löchern“ veranlasst?

Mechtersheimer: Mich hat ein doppelter Skandal herausgefordert. Der „Literaturpapst“ Deutschlands hat als polnischer Geheimdienstoffizier eine höchst zweifelhafte Vergangenheit – und kaum jemand weiß das, weil die Medien es totschweigen. Das Maß war voll, als der Westdeutsche Rundfunk einen israelischen Regisseur beauftragte, nicht etwa das Leben von Reich-Ranicki zu verfilmen, sondern seine geschönten und lückenhaften Memoiren. Nicht ein einziges deutsches Feuilleton hat das beanstandet.

Eine Frage an den Friedensforscher: Erhöht die Wirtschaftskrise die Gefahr kriegerischer Auseinandersetzungen?

Mechtersheimer: Nicht zwangsläufig. Denn die Finanz- und Wirtschaftskrise hat die Kräfte der Globalisierung geschwächt, insbesondere die USA als größten Kriegstreiber. Eine multipolare Welt ist tendenziell weniger kriegerisch als die von einer Supermacht beherrschte Welt. Die aufstrebenden Mächte wie China, Russland, Indien und auch Südamerika sind für lange Zeit mit ihrer nationalen Entwicklung beschäftigt und werden – ganz im Sinne von Immanuel Kant – erkennen, dass der Frieden dem Handel mehr dient als der Krieg.

„DIE DEUTSCHEN IN DER EHEMALIGEN DDR HABEN GEZEIGT, DASS IHRE GEDULD NICHT GRENZENLOS IST.“

Wenn Sie eine Zwischenbilanz ziehen: Was betrachten Sie als Ihren größten Erfolg und was als Ihren größten Irrtum?

Mechtersheimer: Den Erfolg kann ich selbst nicht beurteilen. Aber an dem nachhaltigen friedenspolitischen Konsens der Deutschen konnte ich wohl doch durch mein starkes Engagement in der Friedensbewegung der achtziger Jahre mitwirken. Auf die deutsche Friedensidentität, die sich in der Nichtbeteiligung am US-Golfkrieg ausgewirkt hat, können wir alle stolz sein. Glücklich bin ich, dass das nationale Spektrum bei aktuellen Konflikten anti-militaristisch ist. Die Antifa kann deshalb die Rechte nicht überzeugend attackieren, was womöglich mir den Titel „Friedensnazi“ eingebracht hat. Es war ein Irrtum zu erwarten, dass das deutsche Volk mit dem beispiellosen wirtschaftlichen Aufstieg früher oder später auch Selbstbewusstsein und Souveränität erringen werde. Wieder einmal duckt sich das Volk vor der Obrigkeit, vor der fremden und der eigenen. Ich tröste mich damit, dass die Deutschen womöglich deshalb eines der friedlichsten Völker der Welt sind. Aber die Deutschen in der ehemaligen DDR haben mit ihrem gewaltlosen Aufstand gezeigt, dass ihre Geduld eben doch nicht grenzenlos ist.

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Dr. Alfred Mechtersheimer …
… wurde am 13. August 1939 in Neustadt an der Weinstraße geboren. Sein Vater ist 1941 in Russland gefallen. Mechtersheimer war Kreisvorsitzender der Jungen Union in Neustadt, trat 1959 als Offizieranwärter in die Bundeswehr ein. Während seiner Tätigkeit an der Lehrgruppe für Psychologische Verteidigung begann er mit dem Studium der Politikwissenschaft. Die Diplomarbeit verfasste er 1970 zum Thema „Der militärisch-industrielle Komplex in den USA und in Deutschland“.

Als die Hochschule der Bundeswehr München aufgebaut wurde, wurde Mechtersheimer als Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Lehrbeauftragter für Politikwissenschaft tätig. In dieser Zeit promovierte er an der Ludwig-Maximilians-Universität München bei Professor Kurt Sontheimer. Er verfasste die Dissertation „MRCA Tornado. Geschichte und Funktion des größten westeuropäischen Rüstungsprogramms“. Am 31. März 1979 verließ er als Oberstleutnant auf eigenen Antrag die Bundeswehr, um mit einem Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) an dem von Carl Friedrich von Weizsäcker geleiteten „Max-Planck-Institut zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt“ in Starnberg zu arbeiten.

Von 1982 bis 1990 leitete Mechtersheimer das „Forschungsinstitut für Friedenspolitik“, das sich schnell zu einer Denkfabrik für die Friedensbewegung entwickelte. Wegen seines friedenspolitischen Engagements wurde Mechtersheimer 1981 aus der CSU ausgeschlossen. Mechtersheimer war bei allen großen Friedens-Manifestationen der achtziger Jahre aktiv beteiligt. So sprach er auf der historischen Großkundgebung im Bonner Hofgarten am 10. Oktober 1981, war bei den Blockaden in Mutlangen und den Menschenketten beteiligt, organisierte Schriftsteller-Treffen vor Atomwaffendepots und vertrat die Position der Friedensbewegung in zahlreichen Veröffentlichungen sowie im Fernsehen und Rundfunk.

Der Landesverband der Grünen in Baden-Württemberg, der der linksextremen Unterwanderung der neuen Partei widerstanden hat, setzte Alfred Mechtersheimer für die Bundestagswahl 1987 auf den ersten Männer-Platz der Landesliste, wodurch er bis 1990 dem Bundestag angehörte. Weil mit dem Ende des Ost-West-Konflikts die bisherige Friedensarbeit obsolet geworden war, konzentrierte sich der Friedensforscher mit dem „Friedenskomitee 2000“ auf den inneren Frieden. Aus dem Friedenskomitee ist auch die „Deutschland-Bewegung“ entstanden, die über die Friedensfrage hinaus zu größerem staatsbürgerlichem Engagement motiviert.


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