Zunehmend falsche Universitäten in den Niederlanden

Nachdem sich bereits die ersten Höheren Berufsschulen ("HBO") in den Niederlanden nicht mehr "Hogeschool", sondern "University" nennen konnten, ohne dass der zuständige Minister Prof. Ronald Plasterk dagegen eingeschritten war, bricht jetzt über das Polderland eine Welle von selbsternannten, falschen Universities herein. Sie sind wie die HBO-Einrichtungen weit entfernt von dem, was man in Europa und weltweit unter einer "University" versteht: nämlich eine wissenschaftliche Einrichtung zu sein, mit Promovierten und Professoren ausgestattet und auch von ihnen geleitet. Die lückenhafte Gesetzgebung des Landes macht das möglich.

In den Niederlanden ist derzeit noch nicht Wahlkampf, dennoch gerät der Minister immer mehr unter Beschuss. Im Mai 2009 musste er öffentlich klein beigeben, nachdem er zuvor der neuen privatwirtschaftlichen "Via Vinci University" mit Maßnahmen gedroht hatte, weil sie sich auf ihrer Website als Universität inklusive Promotionsmöglichkeit darstellt. Doch als der Minister gründlicher die Gesetze studierte, wurde ihm klar, dass er in seinem Land gegen jeglichen Missbrauch mit akademischen Bezeichnungen rein gar nichts machen kann - die Gesetzeslage gibt ihm dazu keine Handhabe.

In den Niederlanden darf sich nämlich jedermann Professor und seine Einrichtung auch University nennen - das mag zwar unerwünscht sein, ist dort aber, anders als in Deutschland und anderen Ländern Europas, keine strafbare Handlung.

Es ist kaum zu verstehen, dass die EU-Kommissare diese Rechtslücke noch immer nicht entdeckt haben.

Falsche "Universitäten"

Offenbar geschieht derzeit in den Niederlanden etwas, das man sonst nur aus EU-fernen Ländern kennt: "Fake-Universities" sprießen wie die Pilze aus dem Boden.

Am 31. Juli 2009 wurde Minister Plasterk, Minister für Unterricht, Kultur und Wissenschaft der Niederlande, vom Abgeordneten Jasper van Dijk (Sozialistische Partei) nunmehr öffentlich zur Stellungnahme herausgefordert:

  • Wie urteilen Sie über den Bericht, dass in Den Haag sieben "Universitäten" errichtet wurden?
  • Teilen Sie die Ansicht, dass es irreführend ist, wenn jedermann den Namen Universität frei benutzen kann? Wenn nicht, warum nicht? Wenn ja, was werden Sie dagegen unternehmen?
  • Teilen Sie die Ansicht, dass die Abschlüsse und Titel dieser sogenannten Universitäten wertlos sind und dass die Studenten darauf hingewiesen werden müssen? Wenn ja, wie werden Sie das tun?
  • Ist es richtig, dass man bereits im Irak und in Schweden vor dieser Art "Nepp-Universitäten" warnt und dass alle Lehrveranstaltungen in arabischer Sprache gehalten werden? Welche Kosten entstehen für die Studenten?
  • Sind sie bereit, die Initiative zu ergreifen, um die Verwendung des Namens Universität den als solchen anerkannten Einrichtungen vorzubehalten?

Diese und weitere bohrenden Fragen werden sich bald auch auf die missbräuchliche Nutzung der Bezeichnung University durch die HBO-Einrichtungen, die Hogescholen, ausweiten. Infolge der Bologna-Vereinbarung dürfen sie Bachelor-Abschlüsse verleihen und wurden somit den Fachhochschulen des deutschsprachigen Raums gleichgestellt, ohne aber wirklich gleichwertig zu sein.

Vor allem deutsche Studenten, die in Holland an solchen Einrichtungen studieren, klagen immer lauter und immer öfter. "Vor wenigen Monaten haben sie an der Hogeschool unsere Studiengebühren dafür verprasst, alle Schilder auf dem Campus neu zu machen", berichtet ein deutscher Student über seine niederländische Hogeschool. "Nun nennt die Hogeschool sich selbst einfach 'Stenden University' statt 'Stenden Hogeschool'", ärgert sich der Student in seinem Blogbeitrag.

Er vermisst - im Vergleich zu deutschen Fachhochschulen - an seiner niederländischen Hogeschool die für ein Studium gemäß internationalen Maßstäben notwendigen Professoren und Promovierten (Doktoren) unter den Dozenten. Dazu befragte er seine Dozenten und erfuhr, dass die “Stenden University” zwar rund 600 Dozenten habe, aber unter denen seien nur etwa 1 Prozent (also sechs!) Promovierte, nicht einmal die Hälfte habe Master-Niveau.

Hogescholen sind keine Universitäten

Anders als die angewandt wissenschaftlich arbeitenden Fachhochschulen im deutschen Sprachraum haben die Hogescholen in den Niederlanden nicht das Recht zur Vergabe des Professorentitels. Dennoch bezeichnet besagte "Stenden University" ihre "Lektoren" auf der Website einfach als "Professor" statt "Lector" oder "Lecturer", siehe die Website von Stenden. Der Minister ist dagegen machtlos.

Im Unterschied zur "The Hague University" verrät "Stenden University" auf ihrer englischsprachigen Website zudem nicht einmal im Kleingedruckten die offiziell erlaubte Bezeichnung "University of Applied Sciences", die absolut nicht identisch ist mit der Bedeutung der Bezeichnung "University". Die Bezeichnung "University of Applied Sciences", bei deutschen Fachhochschulen als Zusatz seit vielen Jahren gebräuchlich, wurde den niederländischen HBO-Einrichtungen erstmals vor einem Jahr von Minister Plasterk zugestanden - aber nicht zur generellen Umbenennung und als Aufwertung gedacht, sondern nur als Hilfe für die internationale Kommunikation.

Allein diese Erlaubnis war aber schon deswegen absurd, weil es keinerlei Regeln gibt, wie hoch der Anteil an Akademikern unter den Dozenten dieser "Universities of Applied Sciences" sein muss - Einrichtungen, die zudem sämtlich unter der Leitung von Kaufleuten, nicht aber von Promovierten und Professoren stehen. Nun werden HBO-Einrichtungen also "University of Applied Sciences" genannt, obgleich es dort nahezu keine Dozenten mit wissenschaftlichem Hintergrund und wissenschaftlicher Praxis gibt. Wer von ihnen soll da Wissenschaften zur Anwendung bringen können, wie die Bezeichnung sagt? Und wie soll das ohne eine echte akademische Leitung überhaupt vorstellbar sein? So förderte das ministerielle Zugeständnis offensichtlich den Etikettenschwindel solcher Schulen im Lande, anstatt ihn zu verhindern.

Die sich zuspitzende Debatte in den Niederlanden über den offenbar dringend notwendigen Schutz des Wortes "Universiteit" / "University" / "Universität" rückt auch die friesische Stenden Hogeschool mit ihrer dubiosen Namensveredelung "University" in den Blick. Stenden schreibt gar auf seiner Website seit einem Jahr vollmundig, man sei die einzige HBO-Einrichtung des Landes, die auch wissenschaftliche Studiengänge anbieten könne. Das stimmt jedoch nicht: Die erste Hogeschool der Niederlande, die dort tatsächlich einen universitären Studiengang genehmigt und sogar staatlich refinanziert bekommen hat, ist die NHTV in Breda.

Da nützt auch der Hinweis auf der Website von Stenden nichts, dass man eine Universität in Berlin gegründet habe. Eine wissenschaftliche Hochschule mit staatlicher Anerkennung des Landes Berlin, mit wirklichen Professoren, kann hochschulrechtlich nicht Teil einer niederländischen höheren Berufsschule sein, selbst wenn von dort aus die Gründung der Universität erfolgte. Eine deutsche Universität darf grundsätzlich nicht in Abhängigkeit von der Trägergesellschaft bzw. von deren Gesellschaftern agieren. Die vor einem Jahr staatlich genehmigte "Stenden University Berlin" lässt sich überdies gar nicht besuchen: es gibt unter diesem Namen bis dato in Berlin lediglich eine Briefkastenadresse.

Sowohl hinsichtlich des Umgangs mit Bezeichnungen im tertiären Bildungssystem als auch hinsichtlich der HBO-Einrichtungen in den Niederlanden ist offenbar ein enormes Defizit in der staatlichen Aufsicht zu konstatieren, wie man es sich in den deutschsprachigen Ländern nicht vorstellen könnte.

Fazit: nur bei echten Unis einschreiben!

“Fake-Universities” ist inzwischen ein Reizwort in der momentanen politischen Debatte der Niederlande. Eine wirksame gesetzliche Regelung ist noch in weiter Ferne. Bis dahin hat unser Nachbarland wohl noch eine Menge Bluff zu bieten, wenn es ums Studieren geht.

Finger weg von allen selbsternannten Universities in Holland! Wer dort studieren möchte, sollte sich am besten nur für ein universitäres Studium an einer der staatlich anerkannten Universitäten des Landes einschreiben:

  • Universiteit Leiden (UL), seit 1575
  • Rijksuniversiteit Groningen (RUG), seit 1614
  • Universiteit Utrecht (UU), seit 1636
  • Protestantse Theologische Universiteit vestiging Kampen, seit 1854
  • Universiteit van Amsterdam (UvA), seit 1632
  • Vrije Universiteit Amsterdam (VU), seit 1880
  • Theologische Universiteit Apeldoorn, seit 1894
  • Technische Universiteit Delft (TUD), seit 1842
  • Erasmus Universiteit Rotterdam (EUR), seit 1973
  • Wageningen Universiteit (WU), seit 2000
  • Radboud Universiteit Nijmegen (RU), seit 1923
  • Universiteit van Tilburg (UvT), seit 1927
  • Theologische Universiteit Kampen (Broederweg), seit 1944
  • Nyenrode Business Universiteit, seit 1946
  • Technische Universiteit Eindhoven (TU/e), seit 1956
  • Universiteit Twente (UT), Enschede, seit 1961
  • Katholieke Theologische Universiteit (KTU) in Utrecht, seit 1967
  • Universiteit Maastricht (UM), seit 1976
  • Open Universiteit Nederland (OU) in Heerlen, seit 1984
  • Universiteit voor Humanistiek (UvH) in Utrecht, seit 1991
  • Universiteit Nimbas in Utrecht, seit 2005

Siehe auch frühere Berichte zum Thema "Studieren in Holland":


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Vorsicht beim ersten Kommentar

Der 1. Kommentar der als Antwort gefolgt ist, ist nicht von einem Student online gestellt worden, sondern höchstwahrscheinlich von einer Lehrkraft oder der Marketing-Abteilung von Stenden Emmen/leeuwarden. Eine Standard E-mail Adresse von Studenten der stenden wäre "hans.peter@student.stenden.com". "Student@stenden university" ist keine den Studenten zugänglich Form von Adresse.

Dem eigentlichen Beitrag bzgl. der Stenden hogeschool Emmen kann ich mich nur anschliessen.
Ich habe nun bereits fast 1 1/2 Jahre an die Stenden Emmen hogeschool im Studiengang "international business & languages" verschwendet und höre von den anderen angebotenen wirtschaftlichen Studiengängen Stenden's ähnliche Kritiken meiner Mitstudenten. Das Niveau ist unheimlich tief und die Dozenten verfügen grösstenteils nicht über die notwendige Ausbildung um entsprechend unterrichten zu können.

Ich rate jedem ab an dieser hogeschool (sofern man sich denn an den wirtschaftlichen Studiengängen orientiert) zu studieren.

Die Rankings in denen die Schule verzeichnet ist und einigermassen positiv abschneidet, sollte man nicht zu ernst nehmen. Da ich selber an einem solchen teilgenommen habe, weiss ich, das den Studenten im vorhinein gebeten werden, doch die Probleme der hogeschool nicht anzuprangern und diese doch lieber intern an der Schule zu klären - worauf man lange warten kann-.

lg & viel Erfolg bei der Studiensuche

Falsche Universitäten in den Niederlanden

Student: Tourism Management at Stenden University Leeuwarden, Niederlande

Anders als in Deutschland wird in den Niederlanden ein sehr praxisorientiertes Studium geboten. Die Bezeichnung der Stenden "University" ist keinesfalls eine Absicht der Täuschung deutscher Studenten, sondern vielmehr eine Übersetzungsinterpretation. Da es in den Niederlanden sowohl Hogeschools, was in Deutschland die Fachhochschulen darstellt, und die wie oben genannten "staatlich anerkannten" Universiteiten, die in Holland tatsächlich die Universitäten sind, gibt es für den internationalen Gebrauch eine wohl eher fragwürdige Translation für die in deutsch genannten Fachhochschulen.

Dass das niederländische Vollzeitstudium eine Dauer von 4 Jahre ansetzt ist keineswegs absurd. Im Vergleich zu den meisten europäischen Mitgliedsstaaten herrscht vielmehr in Deutschland die Ausnahmne mit einer Studiumsdauer von 3 Jahren. Zudem wird auch in den Niederlanden eine grundlegend "theoretische" Ausbildung von drei Jahren angesetzt wobei das vierte Jahr bei den meisten Studiengängen aus einem Vollzeit-Praktikum im europäischen- oder nichteuropäischen Ausland besteht.

Studenten, die entscheiden in den Niederlanden zu studieren haben weitreichendere Pläne als pure Theorie zu erlernen, die sie anschließend in Deutschland anwenden können. Es ist kaum möglich in Holland einen Studiengang auf deutsch zu belegen, daher wird das Lehrmaterial an die holländischen oder internationalen Bestimmungen angepasst. Selbstverständlich ist es dann nicht vergleichbar mit einem deutschen Bachelor-Programm. Die meisten deutschen Studenten bevorzugen das Studium im Ausland, in diesem Fall Holland, um ihre Persönlichkeit zu stärken, neue Erfahrungen zu sammeln und ein Studium mit internationaler Perpektive abzuschließen.
Anders als in Deutschland, wo Studienprogrammme an Universitäten fast ausschließlich aus Vorlesungen und an Hochschulen, wo zusätzlich zu den Vorlesungen kleine Workshops angeboten werden, gibt es im holländischen Studium, wie in dem verwandten Artikel "Studieren in Holland (1): Ein Jahr mehr, aber gemütlich international" (http://pressemitteilung.ws/node/158295, Z. 8-9,) zurecht erwähnt eine "inhaltlich und strukturell" abweichende Lehrmethode.
Das Studium in Holland fordert weitaus mehr als das paucken von Lehrbüchern und dem Auswendiglernen von Theorien. Das gesamte Studienprogramm ist darauf ausgelegt in der Gruppe erfolgreich zu arbeiten und das erlernte Wissen anzuwenden. So gibt es zu den vergleichsweise wenigen Vorlesungen vielmehr Unterricht, in dem eine Gruppe von 10-12 Studenten einem Tutor (Dozent) zugeteilt ist (und welche deutsche Hochschule oder Universität kann mit dieser Quote schon mithalten), wobei alleine die Gruppe die Probleme herleitet, die aus einem vorgegebenen Problemfall analysiert werden müssen. Der Tutor ist in diesem Fall nur anwesend um zu kontrollieren ob die Gruppe das Problem in der richtigen Art und Weise angeht und hilft nur dann, wenn die Gruppe alleine das Problem nicht lösen kann. Darüber hinaus gibt es Unterricht, der die Studenten alleine auf Fähigkeiten trainiert, interpersonelle Konflikte zu lösen und mit Menschen umzugehen, so zum Beispiel im Management mit Angestellten und Kollegen. Diese Unterrichtsmethode klärt auch die Frage, warum holländische Hochschulen, ich zitiere, "nur etwa 1 Prozent Promovierte" beschäftigen. Die Aufgabe der "Dozenten", oder wie man sie hier nennt: Tutoren, ist nicht den Studenten theoretische Grundmodelle zu lehren sondern vielmehr ihnen Hilfestellung zu geben wenn das Problem nicht alleine gelöst werden kann. Anders als in Deutschland haben Dozenten teilweise tatsächlich keinen akademischen Abschluss aber dafür teilweise 20 Jahre Erfahrung in einem Bereich, der für das spezielle Studienprogramm eine weitaus wichtigere Rolle spielt als das bloße Wissen von Theorie, denn wie kann das einem Studenten im holländischen problemorientierten Studienprogramm denn wirklich weiterhelfen?

Das Studium in den Niederlanden ist selbstverständlich anders als in Deutschland, was Studenten, die sich über ihr Studienprgramm angemessen informiert haben das auch wissen, aber das möglicherweise der Grund ist ein Studium im Ausland zu bevorzugen.
Als Student an der Stenden University wird man nicht mit dem fachmännischen Wissen abschliessen wie Studenten z.B. der Betriebswirtschaft in Deutschland aber man ist reicher an Erfahrungen wie zwischenmenschlichen Kontakten, Problem- und Konfliktlösung, wie man in einer Gruppe etwas erreicht oder andere motiviert. Will der Student aus dem Studium möglichst weitreichendes Fachwissen erzielen, so ist er möglicherweise nicht für ein Studium in den Niederlanden geeignet aber sollte das überdenken wenn er mehr Wert auf prägende Erfahrungen, internationalen Flair und einer Methode, die es ermöglicht in allen Berufsbereichen bestmöglich aufzutreten.
Studente, die sich für ein Studium in den Niederlanden interessieren würde ich raten, sich persönliche Meinungen über StudiVZ zu holen oder an einem Tag der offenen Tür die gewünsche "University" besuchen und mit den Studenten vor Ort reden.
Ich für meinen Teil kann nur sagen, dass es die beste Entscheidung war, die ich getroffen habe!

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