Ein neuer Lebensmittelskandal? Schinken – zart und pikant

Erst vor wenigen Wochen ging die Meldung über den so genannten Analog-Käse durch die Medien, nun ist es der Schinken, der ins Fadenkreuz der Lebensmittelkontrolleure geraten ist. Zeitungen und mehrere Fernsehsender berichteten darüber.

Bei diesem als Schinken angepriesenen und verkauften Produkt handelt es sich in Wirklichkeit um ein Imitat, bestehend aus Wasser, Binde- und Geliermitteln, Substanzen zum Verdicken sowie fleischfremdem Eiweiß. Der tatsächliche Fleischanteil ist gering und besteht in der Regel keineswegs aus Schinken im eigentlichen Sinne. Mit Geschmacksverstärkern und ordentlich Farbe angereichert, dazu noch schnittfest gemacht, sieht diese weitgehend undefinierbare Masse in der Tat wie echter Schinken aus, jedenfalls so ähnlich. Die Herstellung ist billig, und das ist schließlich die Hauptsache; über gesundheitliche Schäden nach dem Verzehr des nachgemachten Schinkens ist bislang nichts bekannt.

VERBRAUCHERTÄUSCHUNG

Verwendung findet der Mogelschinken flächendeckend auf den allerorts so beliebten ofenfrischen Pizzas (im Steinofen gebacken selbstredend) und in leckeren Nudelgerichten, die in einschlägigen gastronomischen Betrieben innerhalb und außerhalb der Fußgängerzonen allenthalben feilgeboten werden.

Verbraucherschützern ist das Problem seit Jahren bekannt, sagt Andrea Danitschek von der Verbraucherzentrale Bayern. Laut Bayrischem Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit wird in der Gastronomie häufig nachgemachter Schinken bei der Herstellung typischer Gerichte verarbeitet. Gängige Praxis sei das.

Verbraucherschützer und Landesamt fordern konsequent bessere Kennzeichnungsregeln, vermehrte Kontrollen, eine schärfere Ahndung von Verstößen und eine umfassende Information der Öffentlichkeit.

IMITATE ALLESAMT AUS DEM AUSLAND

Herstellung und Vermarktung derartiger Produkte ist zwar nicht ausdrücklich verboten, nur dürfen sie auf der Speisekarte nicht als Schinken bezeichnet werden. Werden sie aber doch, selbst dann, wenn Hersteller und Zulieferer sie korrekt als Imitat gekennzeichnet haben.

Natürlich bedeutet das nicht, dass in durchweg jedem italienischen Restaurant Schummel-Schinken eingesetzt wird. In Bayern z. B. wurden 2008 bei ca. achtzig Produkten, die als Schinken ausgezeichnet waren, immerhin dreißig als Imitate enttarnt, die allesamt aus dem Ausland stammten. Wie das Landesamt mitteilt, kamen die meisten davon aus Belgien.

In Hessen wurden in beinahe jedem dritten untersuchten Fall Imitate entdeckt, wie Staatssekretär Weinmeister von der hessischen Landesregierung, zuständig für den Verbraucherschutz, erklärte. Besonders häufig seien die Beanstandungen in Gaststätten gewesen. Dort sei in zwei Dritteln der Fälle für Schinken-Pizza und Schinken-Nudeln Kunstschinken verarbeitet worden.

Bei genauem Hinsehen können Verbraucher echten und nachgemachten Schinken gut unterscheiden, meint man beim Bayerischen Landesamt. Man müsse nur auf die natürliche Wuchsrichtung und den natürlichen Muskelzusammenhang achten. Doch wie soll man das bewerkstelligen, wenn das Zeug kleingehäckselt auf der Pizza oder im Nudelauflauf auf dem Teller liegt? Freundlich serviert vom Italiener unseres Vertrauens? Wie auch immer: Guten Appetit! Die Welt will halt betrogen sein.

Raimund Schlenger


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