Über die chinesische Kalligraphie

Der aus dem Griechischen stammende Begriff "Kalligraphie" bedeutet "schöne Schrift". Das erforderliche Material sind Papier, Feder und Tinte. Die chinesische Kalligraphie beruht auf handgearbeiteten Schriftzeichen, sowohl auf dem Papier, als auch auf Knochen, Ton und Stein, sowohl mit dem Pinsel als auch mit dem Messer (Siegelschnitzerei). Im weiteren Sinne ist die chinesische Kalligraphie aber ein sehr umfassender Begriff.
Die Kalligraphie ist ein Spiel der Striche, egal ob im Westen oder im Osten. Durch Kontrast, Kurven, Figuren und Struktur finden die Betrachter Rhythmus und Harmonie. Die Phantasie läßt zahlreiche Vorstellungen über das Wahrgenommene entstehen. Auch wenn man die Sprache nicht versteht, so ist es jedenfalls eine schöne Empfindung.
Die westliche Kalligraphie steht oft im Dienste des Praktischen und wird dann eben von diesem beschränkt. Sie ist dann eben nur "schön" und "deutlich". Man kann immer auch noch korrigieren und sogar mit dem Lineal arbeiten, um perfekte Zeichen zu schaffen. Daher ist es auch leicht diese mit einem Computer zu erstellen.
In China sieht man die chinesische Kalligraphie immer als eine Art "seelisches Kungfu". Sie ist auch eine persönlichkeitsbildende Kunst. Abgesehen von oberflächlicher Schönheit zeigt die chinesische Kalligraphie das natürliche Abbild des Herzens. "Alles ist von selbst wie es ist. Man sieht keinen an- und absetzenden Pinsel". Man schreibt mit einem einzigen einmaligen Pinselzug anstatt unendlich auszuschmücken, denn das würde die Energie des Zeichens stören. Der idealste Zustand ist es unbewußt und spontan zu schreiben. Um diese Zustand zu erreichen ist außer einem intensiven Schreibtraining auch die Vereinigung des Verständnisses der chinesischen Philosophie und Ästhetik mit der persönlichen Interpretation erforderlich.
Die Theorie der Kalligraphie sagt: "Ist der Sinn aufrecht, ist auch der Pinsel aufrecht". Eben mit diesem Gedanken schreiben die Chinesen seit tausenden Jahren nur mit dem Pinsel, ohne irgendwelche Hilfsmittel. Dies zeigt auch den engen Zusammenhang zwischen Moral und Pinselhaltung, Philosophie und Ästhetik. Manchmal kann man nicht ganz genau unterscheiden wodurch man von chinesischer Kalligraphie angezogen wird. Wirklich nur durch die Kalligraphie oder doch durch das was dahinter steht - die chinesische Philosophie und Kultur.
Solche Unterschiede beeinflussen auch den zukünftigen Weg der chinesischen Kalligraphie. Sie wird nicht nur von den Händen der Künstler dominiert und im Museum oder in der Bibliothek verweilen, sondern sie lebt immer bei denjenigen Leuten, die sich für die chinesische Kultur interessieren. Sie ist auch ein Teil der Erziehung. Die Kalligraphie wird von zahlreichen kleinen Händen jener Kinder, die erst mit dem Schreiben von Schriftzeichen beginnen, bewahrt.
Autor: Yingru (yingru.com)

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