Erfolgsebook- Deutschlands Exportwunder schlägt zurück

Nun rächt sich die Exportabhängigkeit: Deutschland ist weit stärker als seine Nachbarländer von der Wirtschaftskrise betroffen – und zieht mit seinem BIP-Absturz von 3,8 Prozent den gesamten EU-Schnitt nach unten. Frankreich brüstet sich bereits damit, dass man besser dastehe.

Deutschland ist unter den Staaten der Europäischen Union überdurchschnittlich von der allgemeinen Rezession betroffen. In der Eurozone ebenso wie in der gesamten EU sank das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im ersten Quartal 2009 um 2,5 Prozent, wie das europäische Statistikamt Eurostat mitteilte. Für Deutschland lag der Rückgang bei 3,8 Prozent. Ein Grund dafür ist nach früheren Angaben der EU-Kommission die Exportabhängigkeit der größtenVolkswirtschaft Europas.

Besser als Deutschland schnitten unter anderen die Niederlande und Österreich (jeweils minus 2,8 Prozent), Italien (minus 2,4 Prozent), Großbritannien (minus 1,9 Prozent) ab.

Auch in Frankreich ist die Rezession jetzt amtlich. Wie das Statistikamt Insee mitteilte, schrumpfte die Wirtschaft nach mehreren Negativquartalen auch Anfang 2009. Das Bruttoinlandsprodukt sank demnach im ersten Quartal um 1,2 Prozent im Vergleich zum Vorquartal. Die Regierung korrigierte gleichzeitig ihre Konjunkturprognose für das laufende Jahr nach unten: Statt um 1,5 Prozent werde die Wirtschaftsleistung um drei Prozent zurückgehen. Trotzdem stehe Frankreich besser da „als seine wichtigsten Partner“, betonte Wirtschaftsministerin Christine Lagarde offenbar mit Blick auf Deutschland.

Den Negativ-Rekord innerhalb der EU halten die Slowakei und Lettland mit minus 11,2 Prozent.
Gegenüber dem Vorjahreswert ging das BIP in der EU insgesamt um 4,4 Prozent zurück, in der Eurozone um 4,6 Prozent. In den USA als einem der Hauptwirtschaftspartner Europas sank nach den Angaben von Eurostat das BIP im ersten Quartal um 1,6 Prozent zum Vorquartal und um 2,6 Prozent zum Vorjahresquartal.

Die EU-Kommission hatte für die Eurozone bereits einen Rückgang von über zwei Prozent vorhergesagt. Für das Gesamtjahr nehmen die EU-Währungshüter an, dass die Wirtschaft sowohl in der Eurozone als auch in der EU um 4 Prozent schrumpft.

Im Vorjahresvergleich ergab sich laut Eurostat im ersten Quartal ein Rückgang in der Eurozone von 4,6 Prozent, in der EU von 4,4 Prozent. Der Vorquartalswert betrug für beide Gebiete minus 1,4 Prozent. Das BIP drückt den Wert aller in dem jeweiligen Land erwirtschafteten Waren und Dienstleistungen aus und gilt als die wichtigste ökonomische Kennziffer.

Nach dem tiefen Absturz steht die deutsche Wirtschaft nach Einschätzung eines Experten der Fondsgesellschaft DWS zunächst einmal vor einer Erholung. Doch bereits im kommenden Jahr drohe eine neuerliche Wirtschaftskrise. „Nach der Exportrezession kommt eine Rezession der Binnenwirtschaft“, sagte DWS-Experte Johannes Müller. Grund dafür sei dann die einbrechende Inlandsnachfrage im Zuge der steigenden Arbeitslosigkeit. Wie stark das Minus ausfallen könnte, sei schwer zu sagen. „Es wird aber unangenehm.“ Für die kommenden Quartale sei dagegen mit einer zyklischen Erholung zu rechnen, auch weil die weltweiten Konjunkturpakete ihre Wirkung entfalteten.

Das Problem sei, dass einige Länder wie die USA vor Ausbruch der Krise zu viel konsumiert hätten und nun sparen müssten, sagte Müller. „Die waren Importweltmeister – und die sind nötig, damit es Exportweltmeister gibt.“ So weitergehen wie vor der Krise könne es daher für die deutsche Wirtschaft nicht, auch wenn Politik und Wirtschaft derzeit die Philosophie eines temporären Schocks und danach die Rückkehr zur Normalität verfolgten. „Aber ich befürchte, es wird nicht so einfach sein“, sagte Müller.

Derzeit sei von der Rezession in Deutschland vergleichsweise wenig zu spüren: Im ersten Quartal stützte der Konsum von Staat und Bürgern die Wirtschaft sogar. Das sei eine Folge der guten Lohnabschlüsse aus dem vergangenen Jahr und der finanziellen Erleichterungen für die Bürger, wie die Wiedereinführung der alten Pendlerpauschale oder die Abwrackprämie, sagte Müller. Auch werde der Anstieg der Arbeitslosigkeit durch Kurzarbeit noch ausgeglichen. Doch das dürfte sich im kommenden Jahr ändern: Die meisten Experten erwarten einen kräftigen Anstieg der Arbeitslosigkeit auf deutlich über vier Millionen.

Die Bundesregierung und die führenden Wirtschaftsinstitute rechnen für 2009 mit einem Konjunktureinbruch von sechs Prozent. Das wäre der stärkste Rückgang seit Gründung der Bundesrepublik. Quelle: www.welt.de

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