Small und Micro Caps in der Finanzmarktkrise - Jetzt trennt sich Spreu vom Weizen

Small und Micro Caps in der Finanzmarktkrise – Jetzt trennt sich Spreu vom Weizen

Von Dr. Joachim Gurnik, G-CC Dr. J. Gurnik Communication Consulting

Rödermark, 01.05.2009 - Im zweiten Halbjahr 2008 hat sich laut den Zahlen des Deutschen Aktieninstituts (DAI) der Rückzug der Deutschen aus der Aktienanlage dramatisch beschleunigt: zum Jahresende waren gerade einmal 8,8 Millionen Anleger direkt oder indirekt über Fonds in Aktien investiert. Das sind 32% weniger als in 2001. Aktien sind out, und daran wird sich nach dem Vertrauensverlust durch die Finanzkrise hierzulande erst einmal nichts ändern.

Und bei Nebenwerte-Fonds nahmen die hohen Mittelabflüsse und Wertverluste zum Teil dramatische Ausmaße an: Ob Allianz-dit Nebenwerte, Cominvest Adiselekt, Credit Suisse Equity Fund Small & Mid Cap oder UBS Equity Fund Mid Caps Germany – sie alle haben Ende 2008 zwischen 50 und mehr als 60 Prozent ihres Fondsvolumens gegenüber dem Stand vor der Finanzmarktkrise eingebüßt. Institutionelle Investoren setzen jetzt vor allem auf Blue Chips, zumindest auf liquidiere Werte im Prime Standard.

Kein Wunder, dass die globale Finanz- und Wirtschaftskrise nicht nur bei den Large Caps tiefe Spuren hinterlassen hat. Ganz besonders verspüren die „Kapitalmarktwinzlinge“ das Austrocknen der Aktienmärkte.

Und entsprechend reagieren einige der Small Caps auf das schwindende Interesse der Anlegerschaft: Abtauchen, Budgets für die IR-Arbeit drastisch kürzen, nach dem Motto: unsere Zahlen sind nicht gut, warum sollen wir dies über das erforderliche Mindestmaß hinaus publizieren?

Aber genau dies ist die falsche Strategie, zumindest für die Börsenunternehmen, die sich nicht innerlich bereits vom Kapitalmarkt verabschiedet haben und ihr IPO als strategische Fehlentscheidung einschätzen. Die Unternehmen, deren Equity Story intakt ist, deren mittelfristige strategische Ausrichtung Wachstumsperspektiven bieten, die den Zugang zum Kapitalmarkt auch als Instrument der Kapitalbeschaffung nutzen wollen, sollten die gegenwärtige Finanz- und Wirtschaftskrise als Chance begreifen, auch für ihre Investor Relations-Arbeit.

Investor Relations ist keine Schönwetterveranstaltung

Was ist zu tun, wenn der Kurs einbricht, wenn die Aktie zunehmend vom Radarschirm der interessierten Finanzöffentlichkeit verschwindet, und das obwohl die Gesellschaft eine ordentliche Umsatz- und Ergebnisentwicklung vorweist? Dafür mögen viele Faktoren verantwortlich sein:

Möglicherweise ist die Liquidität zu gering. Wenn ein Mindestmaß an frei handelbaren Aktien (Free Float) nicht gegeben ist, werden auch Small Cap Fonds nicht in die Aktie einsteigen. Dieses Phänomen haben wir bei vielen kleinen Börsenwerten, die sich überwiegend in Familienbesitz und / oder bei wenigen institutionellen Investors befinden. Für Institutionelle Investoren sind sie uninteressant, weil schon kleinste Tradings den Aktienkurs stark schwanken lassen. Wenn es dann nicht gelingt, den Privatanleger gezielt anzusprechen und für die Aktie zu gewinnen, wird der Wert ein Schattendasein fristen und der Kurs ständig abbröckeln, - es sei denn, das Unternehmen erhöht den Streubesitz, beispielsweise durch Umplatzierungen, Kapitalerhöhungen oder durch Aktiensplits.

Vielfach begreift das Management Investor Relations noch immer nicht als strategisches Instrument des Aktienmarketing. Für den Vertrieb der Produkte oder Dienstleistungen entwickelt das Unternehmen ausgeklügelte Marketingstrategien, analysiert Kundenbedürfnisse, Markt und Wettbewerb. Customer Relationship Management hat fast überall Einzug gehalten – nur nicht beim Marketing für das wichtigste Produkt der Gesellschaft, die Aktie.

Investor Relations werden nur all zu oft als lästige Pflicht betrachtet, die nur Geld kosten, aber nichts bringen. Entsprechend lustlos werden sie betrieben, gerade mal so, dass sie formal den Pflichtanforderungen entsprechen, die im jeweiligen Börsensegment vorgeschrieben sind. Eine gepflegte Investorendatenbank – Fehlanzeige. Aussagekräftige, auf die individuellen Informations- und Transparenzbedürfnisse der verschiedenen Zielgruppen des Kapitalmarktes zugeschnittene Informationen – Mangelware. Die Equity Story stammt aus der Zeit des Börsengangs. Eine Aktualisierung / Fortschreibung findet nicht statt. Und Aussagen zur mittelfristigen strategischen Ausrichtung, zu Marktpotenzialen und Wettbewerbschancen sind nicht fundiert, also auch nicht nachvollziehbar. Gleiches gilt für Prognosen über die zukünftige Entwicklung – möglichst unpräzise halten, dann muss man später nichts revidieren.

Gerade in Krisen- und Umbruchphasen erhöht sich das Informations- und Transparenzbedürfnis der Kapitalgeber beträchtlich. Schließlich wollen sie einschätzen können, welche Risiken aus der anstehenden Marktkonsolidierung für ihr Unternehmen erwachsen, wie das Management auf den Veränderungsprozess reagieren will, welche Maßnahmen bereits eingeleitet worden sind, ob sich daraus sogar neue Chancenpotenziale eröffnen können. Dazu zählen aber auch Aussagen zum Finanzbedarf, zu den freien Liquiditätsreserven, zu eventuellen Kapitalmaßnahmen. Nur wenn diese Informationen proaktiv, zeitnah und nachvollziehbar kommuniziert werden, wird sich das Vertrauensverhältnis zu den Kapitalgebern aufrecht erhalten und festigen lassen, auch wenn die Unternehmensentwicklung mal weniger positiv verläuft. Von Day Tradern abgesehen wird der Aktionär nur dann investiert bleiben oder einen Kursrückgang sogar zum Aufstocken nutzen, wenn er die Aktie mittelfristig als chancenreiches Investment einschätzt.