Aufbau berufsrelevanter Kompetenzen im dualen Studium

Erfahrungsbezüge in den Bachelor- sowie Master-Studiengängen zum Gesundheits- und Unternehmensmanagement, der Tourismus- und Freizeitwissenschaft sind nicht nur ein Ergebnis der Bologna-Reform, sondern setzen sich aus praxisgebundenen Vermittlungsinhalten direkt fort. Nicht der traditionelle Transfer von Wissen steht im Vordergrund akademischer Kommunikation, sondern ein vermittlungs- und erfahrungsbasierter Aufbau berufsrelevanter Kompetenzen und Qualifikationen. Daraus leitet sich für diesen speziellen Bereich der Hochschulreform ab, verstärkt über duale Ausbildungsformate nachzudenken.

Diese Einsicht kann als allgemeingültiger Status der hochschuldidaktischen Sichtweisen behauptet werden, die der individuellen Erfahrungsdisposition eine hochschulbezogene Bedeutung zumessen wollen. Aus diesem Gedanken abgeleitet, geht es in akademischen Veranstaltungen um spezifische Verbindungen zwischen konkreten Berufsfeldern und Eigenerfahrungen, die ihre Notwendigkeit über eine Serie von Einzel- und Ausbildungsbedürfnissen bestimmen, als fortlaufende Kommunikation über persönliche Lagen und unternehmensnahe Horizonte, die sich nicht abweisen lassen und Dringlichkeit gewinnen. Diese Dringlichkeit besteht in der praxisnahen Authentizität zwischen Vermittlungswissenschaft und den Studierenden, sie lässt kaum Differenzen zu und verleiht dualen Studienangeboten ihre gehobene Legitimität.

Der hochschuldidaktische Umgang mit solchen praxis- und anwendungsbezogenen Dringlichkeiten fällt Wissenschaftlern auch in den Tourismus- und Freizeitwissenschaften naturgemäß schwer, da sie die suggestive Sprache der individuellen Bedeutungen und der persönlichen Erfahrungen disziplinieren müssen. Ein Wissenschaftler kann die Bedeutungen und Erfahrungen praxis- und unternehmensnaher Wirklichkeiten nicht so einfach zu Fundamenten einer Theorie machen, die sich wissenschaftlich behaupten will. Dennoch bezieht sich Erfahrung auf pragmatische Größen, die nicht nur Garant des rhetorischen Erfolgs sondern wirkliche Dringlichkeitsgründe sind, die zur Praxis des jeweiligen Berufsfeldes auch passen müssen.

Die säkulare Wissenschaft kann dieses Argument nicht abweisen. Säkularität täuscht über die persönliche Mühsal erlebter Erfahrungen hinweg und macht Objektivität oft zu einer riskanten Angelegenheit, weil immer viel auf dem Spiel steht. Davon haben sich die Begründer der ersten Bachelor-Studiengänge mit ihrem Kompetenz- und Qualifikationsprofil an den Hochschulen nicht irritieren lassen und mit ihren Thesen und gelebten Erfahrungen die zähe Pragmatik des Hochschulalltags und die säkularakademische Reformkommunikation erweitert. Dafür steht das demonstrative Bemühen, Theorie- und Paradigmenwechsel auch in den betriebswirtschaftlichen Fächern offensiv gestalten zu wollen. Die Erfahrungskonzeption der Kompetenz- und Qualifikationsausbildung gab ihnen dabei eine produktive Basis, weil praxis- und unternehemensrelevante Studienmilieus als einflussreiche Orientierungen erhalten bleiben konnten. Für das Baltic College und andere Hochschulinstitutionen war hier der hochschuldidaktische Königsweg die Exponierung dualer Studienformen.

Aber auch unabhängig von der Institutionalisierung dualer Studiengänge liefern pragmatische Überzeugungen handlungs- und erfahrungsorientierte Studienmaximen. Die Semantik der erfahrungsorientierten Reformkritik lässt sich im Wesentlichen davon leiten, dass persönliche Erfahrungen zur eigenen Entwicklung und dynamische Sozialisationen in den Praxisräumen der späteren Berufsfelder ohne Feedback der betreffenden Personen und ohne Handlungsbezug gar nicht stattfinden können. Also müssen diese Prozesse mit den konnotativen Gegebenheiten der Studierenden sowie mit den Praxis- und Berufsumwelten wechselseitig verbunden bleiben.

Der Ansatz am Baltic College Güstrow läuft also darauf zurück, dass der Zusammenhang zwischen Studium und Erfahrung seine Kontur aus der persönlichen Handlung und der praktischen Berufserwartung gewinnt. Die persönliche Handlung beginnt vor dem Hintergrund bereits gemachter Erfahrungen und lokalisiert neue Entwicklungsprobleme, die sich im Studienalltag bearbeiten lassen müssen. Darüber hinaus reagieren Erfahrungen immer neu auf Situationen, Probleme, Unvorhergesehenes und nicht zuletzt auf sich selbst. Sie sind nicht das sichere Ergebnis, nur weil sie persönlich existieren, sondern flüssig, veränderbar und damit für wirtschaftsnahe Prozesse entgrenzt.

Hochschuldidaktische Reformabsichten, wie sie am Baltic College zum Beispiel für den Bachelor of Arts - Studiengang „Management im Gesundheitstourismus“ plus IHK Abschluss „Kaufmann/Kauffrau im Gesundheitswesen“ durchdacht und umgesetzt werden, lassen sich daher von der Überzeugung leiten, dass ein praxis- und industrienahes duales Studium am ehesten den berufsfeldspezifischen Transfer abbilden kann.

Autor:
Prof. Dr. Torsten Fischer

http://www.baltic-college.de