Herr der (Schleif-) Ringe: Strom für Merkur und Mars

Von Alexander Hauk, www.alexander-hauk.de

In fünf Jahren soll die Raumsonde BepiColombo zum Merkur starten. Wenn voraussichtlich im August 2013 die Trägerrakete vom Weltraumbahnhof in Kourou aus in den Himmel zum sonnennächsten Planeten fliegt, werden die Mitarbeiter eines bayerischen Unternehmens die Daumen besonders fest drücken. Denn die Schleifring und Apparatebau GmbH (SCHLEIFRING) mit Hauptsitz in Fürstenfeldbruck liefert Bauteile, die für die Mission entscheidend sind: sogenannte Schleifringe und Drehübertrager. Sie sollen dafür sorgen, dass die Sonnenpaddel der Raumsonde stets zur Sonne gerichtet sind und den Flugkörper mit ausreichend Strom versorgen.

Es wäre eine ausgezeichnete Frage für Günther Jauchs Quizsendung „Wer wird Millionär?“: „Was ist ein Schleifring?“ Abgesehen von Mechanikern und Elektrikern würden wohl die meisten Menschen mit den Schultern zucken und müssten einen Joker verwenden. Dabei befindet sich eine sehr einfache Version eines Schleifrings an jedem Autolenkrad, genauer in der Lenksäule. „Ein Schleifring ist ein elektromechanisches Bauteil, das eine Strom- und Signalübertragung von einer statischen zu einer rotierenden Schnittstelle ermöglicht“, erklärt Kurt Dollhofer, aus der Geschäftsführung von SCHLEIFRING.

Typische Anwendungsgebiete der Schleifringtechnologie sind zum Beispiel sämtliche Industrieroboter, die ihre Bewegung millionenfach mit hoher Präzession wiederholen müssen. Stark vereinfacht verhindert ein Schleifring einen Kabelsalat. Gewöhnliche Kabelverbindungen würden den Bewegungsradius der Bauteile begrenzen. „Bei einer kontinuierlichen Drehbewegung um 360 Grad kommen deshalb Schleifringe und Drehübertrager zum Einsatz“, so Dollhofer.

70 Prozent Exportanteil

Die 1974 in Fürstenfeldbruck gegründete Schleifring und Apparatebau GmbH zählt heute mit ihren Tochtergesellschaften in Kaufbeuren, in den Elgin (USA) und Newbury (Großbritannien) zu den Weltmarktführern. Der Exportanteil liegt laut Unternehmensangaben bei rund 70 Prozent. Im vergangenen Jahr erzielte die Unternehmensgruppe mit einem Gesamtumsatz von 78 Millionen Euro einen neuen Höchststand. 2006 lag der Umsatz noch bei 75 Millionen Euro.

Führend in der Medizintechnik

Inzwischen beschäftigt SCHLEIFRING rund 350 Mitarbeiter. Die Schleifringe, die sie produzieren, sind in vielen elektrischen Maschinen zu finden - an Land, in der Luft, im Wasser und sogar im Weltraum. Sie werden zur Energie- und Datenübertragung zum Beispiel in Verpackungs- und Abfüllanlangen, in Radarsystemen, Windkrafträdern, Gepäckprüfanlagen und auf moderneren Ölbohrschiffen eingesetzt. Eine Spezialität des Unternehmens sind Schleifring-Komplettsysteme für Computertomografen. In diesem Feld deckt SCHLEIFRING mehr als 90 Prozent des weltweiten Bedarfs ab: „Unsere Übertragungssysteme sind die einzigen, die die extrem hohen Datenraten in der Medizintechnik fehler- und verlustfrei übertragen können“, so Dollhofer.

SCHLEIFRING ist eine moderne Ideenschmiede: 125 erteilte und 255 angemeldete Patente belegen das Engagement in Forschung und Entwicklung. In den eigenen Maschinenparks können Bauteile mit Durchmessern von weniger als 10 Millimetern bis zu einem Durchmesser von 2,5 Metern hergestellt werden. „Dabei sind Drehverbindungen für die Luft- und Raumfahrt eine besondere Herausforderung“, berichtet Dollhofer. Denn sie müssen extremen Temperaturschwankungen von -70 Grad Celsius bis zu +300 Grad Celsius, Vibrationen und Strahlung standhalten.

Für Luft- und Raumfahrtprojekte hat SCHLEIFRING Technologien entwickelt, mit denen Daten und Energie sogar kontaktlos übertragen werden können. „Bei Energie geschieht das auf induktivem Wege, bei Daten durch optische Lösungen“, erklärt Dollhofer, der bereits heute dem Start der Merkurmission entgegenfiebert. Die europäische und japanische Raumfahrtbehörde wollen dabei unter anderem das Magnetfeld sowie die geologische Zusammensetzung des Planeten untersuchen.

Schon mit der europäischen MARS-Mission hat SCHLEIFRING Raumfahrterfahrung gesammelt. Der dafür hergestellte Schleifring wog gerade mal 14 Gramm und wurde zur Signalübertragung im Bohrgerät der Marssonde Beagle eingesetzt. „Leider wissen wir nicht, warum sich Beagle nicht mehr meldet, am Schleifring lag es sicher nicht“, so Dollhofer.

(Internet: Schleifring und Apparatebau GmbH: www.schleifring.de)


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