Pal Dragos: Missverständnisse über den Holocaust

Es gehört zur Tendenz der Degeneration und Verhärtung der Sprache unserer Zeit, dass mit Vergleichen in unsinniger Weise „herumgeballert“ wird, als sei die Sprache selbst bereits ein Instrument des Krieges geworden. So vergleicht George Ritzer, amerikanischer Professor für Soziologie, den Holocaust mit der Salatbar (!) eines Fast-Food-Restaurants. - Ja, Sie haben richtig gelesen! (Literaturhinweis s. u.)

Vergleiche sind ein wichtiges Instrument der Verständigung. Wenn wir einen Vergleich zwischen zwei Sachverhalten anstreben, dann tun wir das, weil wir meinen, dass wir zwischen diesen beiden Sachverhalten sowohl Identisches als auch Unterschiedliches gefunden haben. Mit dieser Vorgehensweise können wir der Bedeutung eines Sachverhaltes eine zusätzliche Dimension verleihen. Ein Missbrauch von Vergleichen kann dadurch entstehen, dass wir ein unwesentliches Merkmal zur Grundlage des Vergleichs machen und dadurch eine Ähnlichkeit zwischen zwei Sachverhalten „simulieren“, welche jedoch gar nicht besteht und dadurch die Bedeutung der Sachverhalte völlig verfälscht.

George Ritzer ist Professor an einer Elite Universität in Amerika. In seiner Veröffentlichung „Modern Sociological Theory“ finden wir den Beitrag „Modernity and the Holocaust“ und ein Unterkapitel mit dem Titel „The Holocaust and McDonaldization“. Ritzer bemüht sich hier allen Ernstes, einen Vergleich zwischen dem Holocaust und der Arbeitsmethode einer bekannten Fast-Food-Kette zu ziehen.
Wohlgemerkt, Professor Ritzer sitzt nicht im Irrenhaus, sondern in einem Lehrstuhl. Was führt ihn in diese Irre?

Liegt hier eine Intellektualisierung, eine Verhärtung des Denkens vor, dass man Merkmale verschiedener Organisationen beliebig, ohne Rücksicht auf den Gesamtsinn zu nehmen, kombiniert?
Oder liegt hier ein anderer Grund vor? Viele Wissenschaftler bestehen bis heute darauf, dass der Holocaust in seiner Einmaligkeit betrachtet werden muss. Dieses Bestreben ist richtig. Jedoch sollte die Forschung unter Berücksichtigung der Einmaligkeit ergänzend auch jene Tendenzen einer faschistischen Gesellschaftsordnung näher herausarbeiten, welche durch eine Transformation in neuer zeitgemäßer Gestalt immer wieder in Erscheinung treten beziehungsweise sich bis heute fortpflanzen. Die Einmaligkeit (das Besondere) und das Allgemeine müssen in ihrem Zusammenhang betrachtet werden, das eine sollte nicht mit dem anderen ausgespielt werden.
Gelingt es der Forschung, diese Notwendigkeit zu erkennen, dann werden in Zukunft solche wahnsinnigen Vergleiche keinen Platz mehr finden.

Über den Vergleich von George Ritzer siehe auch:
Dragos, P. (2006): The Holocaust and McDonaldization. Eine Entgleisung des Verstandes, in: P. Dragos: Die Struktur des globalen Kapitalismus, Bd. 1 und 2, BoD, Norderstedt

Weitere Informationen und Leseproben unter:
http://www.pal-dragos.de

10.03.2007:

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